27. Januar 2007
costa rica. ein reiserueckblick.
die koffer sind gepackt, die glaeser der abschiedsfeier stehen in der spuele und mama weint - so fing alles an, am abend des 7. oktober 2006.
so hatte es der ominoese gelbe zettel vorrausgesagt und so kam es. jaja der gelbe zettel...er sollte uns alle vorbereiten auf das abenteuer costa rica, uns motivieren, ermutigen und das schon bevor es ueberhaupt losging.
da war von tiefpunkten die rede, von heimweh und natuerlich auch von loesungswegen fuer jede noch so aussichtslose situation.
der erste satz stammt von diesem zetel, so unrecht konnte er also nicht haben. aber konnte es wirklich so schlimm kommen wie er prophezeite?
4 monate sind nun um, die zeit ist gerannt, meistens zumindest und mit einem lachenden und einem weinenden auge werde ich morgen frueh ins flugzeug steigen und dieses wunderbare land verlassen, das mir soviel gegeben hat. vielleicht werden auch beide augen weinen, denn abschiede sind immer schwer.
im nachhinein laesst sich sagen, dass es die beste entscheidung meines lebens war, diese reise zu machen.
es sollte die reise meines lebens werden. meines bisherigens. und sie wurde es.
der gedanke kam erstmals im herbst 2005, blieb lange zeit nur wunschdenken, graue theorie.
aber ich war doch erwachsen genug, es irgendwann in die tat umzusetzen und als dann eines tages die reiseunterlagen von travelworks eintrudelten, gab es kein zurueck mehr. und das war auch gut so. denn zweifel gab es genug. "warum mach ich das eigentlich ich? zuhause ists doch eigentlich am schoensten.."
aber es war einfach mal zeit rauszukommen, europa, deutschland, das kann nicht alles sein und mit 19 war der punkt erreicht wo man mal ein bisschen in der weltgeschichte rumturnen konnte.
und jetzt liege ich hier in der haengematte, neben mir rauscht der pazifik und ich ueberlege, wie sich das alles hier zusammenfassen laesst. (anmerkung: dieser bericht ist letzte woche am pazifik entstanden, in san jose wird er nur abgetippt.)
denn schon die anreise haette ein ganzes buch fuellen koennen.
das erste mal in amerika und doch irgendwie alles so, wie man es sich immer vorgestellt hat. aber das war ja nur ein zwischenstopp bevor es denn dann ueberhaupt so richtig losging.
ab in die schule
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ankunft in der gastfamilie und das erste mal der gedanke "du bist bescheuert, hier willst du solange bleiben? du verstehst kein wort, das wasser in der dusche ist kalt und reis mit bohnen ist nicht wirklich das wahre." aber moment...da war doch was. in meinem kopf tauchte der gelbe zettel auf. alles wuerde gut werden.
und nachdem in der schule die ersten kontakte geknuepft, die ersten spanischen saetze gesprochen und die ersten ecken costa ricas erkundet waren, sah das leben schon wieder ganz anders aus. es war schoen wieder einen geregelten tagesablauf zu haben und die schule hatte ich ja eh vermisst. dazu noch die passenden leute und eine superlehrerin und die 4 wochen vergingen wie im flug.
abenteuer schildkroete
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aber 4 wochen schule reichte dann auch erstmal, man wollte ja schliesslich auch was arbeiten, wozu war denn die ganze rangerausruestung gekauft worden?
da november war, hatte die schildkroete noch saison und so gings 4 wochen ab an den pazifik, in 2 verschiedene projekte. und es hat sich so gelohnt.
wenn man auch in so mancher kalten, regnerischen nacht, in der man zitternd und nass mit tueten voller schildkroeteneier am strand entlanglief sich vor augen rufen musste, dass das ganze freiwillig war...es war einfach nur toll.
das gefuehl eine kleine schildkroete ins meer zu entlassen, das gefuehl einen fluss mit krokodilen zu durchqueren, das sind dinge, die sich schwer beschreiben lassen.
und die ganze zeit mit fantastischen menschen aus der ganzen welt, die ich bestimmt nicht so schnell vergessen werde.
ein leben als backpacker
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aber auch diese 4 wochen hatten mal ein ende und so machten verena, jenny, vivi und ich uns anfang dezember auf, um orte zu bereisen, die wir noch nicht gesehen hatten.
und auch wenn quasi jede woche ein abschied anstand und sich die gruppe veraenderte (zwischenzeitlich mit annika und natalie, nach der haelfte stiess dann noch anne dazu), es war immer toll.
wir sind auf und in vulkane geklettert, in regenwaeldern gewandert, in und auf wasserfaellen geschwommen, haben die schoensten plaetze gesehen, die die natur zu bieten hat und die tollsten tiere in freier wildbahn beobachten koennen.
unsere reise fuehrte uns nach nicaragua und panama, 2 tolle laender, von denen ich zwar nicht soo viel gesehen habe, aber das was wir mitnehmen konnten, war schon genug.
wir erlebten ein unvergessliches weihnachtsfest, von dem wir noch unseren enkeln erzaehlen werden.
bei einem leben als backpacker darf man nicht waehlerisch und nicht pingelig sein. es hat nichts mit irgendeiner form von urlaub zu tun, die ich bisher schonmal gemacht hatte. und wir haben so viel gelernt. wier ueberhaupt in dieser ganzen zeit. aber davon gleich mehr.
back to work
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aber als dann irgendwann alle wieder daheim waren und anne sich auf den weg nach ecuador gemacht hatte, blieb nur noch ich uebrig und das hatte ja auch seinen grund. ich wollte ja nochmal was arbeiten.
und auch wenn das erste projekt beim vulkan arenal mich nicht wirklich glueklich machte, es hatte wenigstens etwas gutes fuer mein spanisch. was ich von den letzten 4 wochen im allgemeinen behaupten kann. da die unis hier semesterferien hatten, waren die einheimischen auch bei der freiwilligenarbeit dabei. dazu kam, dass ich niemanden mehr zum deutsch reden hatte, die perfekte mischung also, um das alles nochmal zu vertiefen, was nach 4 wochen sprachschule doch so manches mal zu kurz gekommen war.
die letzten beiden wochen sollten dann der perfekte abschluss werden.
sie boten nochmal alles, was diese reise ausgemacht hatte.
fragen ueber fragen
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und wenn ich morgen frueh ins flugzeug steige, kann ich sagen, dass ich alles mitgenommen habe, was ging, dass ich im nachhinein nichts anders gemacht haette. auch wenn es zwischendurch zweifel gab, wenn die tiefpunkte aufkamen, wo man vielleicht doch am liebsten daheim in der badewanne gelegen haette.
aber gott sei dank gab es ja den gelben zettel...und nach regen schien wieder die sonne.
aber neben so manchen zweifeln gab es noch viel mehr fragen. fragen auf die nicht immer, aber doch meinstens eine antwort gefunden werden konnte.
* was fressen eigentlich krokodile?
* moechte ich jemals pauschaltourist sein?
* warum gibt es fernseher im nirgendwo?
* wie koennen so kleine dinge so grosses heimweh ausloesen?
* was fuer menschen kommen ueberhauot nach costa rica?
* warum sind manche deutsche einfach nicht international genug fuer diese welt?
* warum sind nachts alle katzen grau?
* warum ist das meer so stark?
* warum kann man diese reise nicht in einem satz beschreiben?
* warum stumpft man gegenueber der natur so ab?
* was haelt der menschliche koerper aus?
* wann hat der jugendliche leichtsinn ein ende?
* warum ist jeder neuanfang so schwierig?
* warum kann man in einer haengematte am meer besser schreiben als woanders?
und natuerlich...
* wer ist eigentlich paul?
auf die meisten dieser fragen konnte hier eine entwort gefunden werden. die anderen sind dann wahrscheinlich eher ein fall fuer die maus und den elefanten.
und um langsam zum ende zu kommen und euch von euren bildschirmen zu befreien, folgt hier noch eine kleine uebersicht ueber die dinge, die ich oder besser gesagt wir in diesen wochen und monaten gelernt haben. es waren praktische dinge und dinge fuers leben (wobei die praktischen dinge natuerlich auch gut fuers weitere leben sind)
wir haben gelernt:
- selber gross zu sein und gesehen, dass das funktionieren kann
- mit wenig auszukommen
- offen zu sein fuer neues, jeden tag
- spanisch
- besser englisch
- ein bisschen hollaendisch
- poker, pool, 20 ab, speed und gallo pinto
- ordentlich karten zu mischen
- unter wellen durchzutauchen
- frisbee spielen
- schildkroeten zu vermessen, ihnen schwimmen beizubringen
- dass kaltes wasser ok, und warmes wasser luxus ist
- dass der himmel mehr sterne hat, als man sich eigentlich vorstellen kann
- anders zu essen (weniger waehlerisch)
- einen 15 kg schweren rucksack hinten und einen 5 kg schweren rucksack vorne zu tragen
- mit einer dose aus einem eimer zu duschen
- wie unwichtig ein fernseher ist
- dass das meer boese und tuekisch sein kann
- dass lange busfahrten gar nicht so schlimm sind
- dass moskitospray und -netz nicht zwangslaeufig vor mueckenstichen schuetzen
- richtiges brot zu schaetzen
- dass es fuers autofahren keine regeln, sondern nur eine hupe braucht
- dass die chiquita banane gruen geerntet wird
- dass es nicht schwer ist, seine passnummer auswendig zu koennen
- dass strassen keinen belag brauchen
- dass frischkaese zu jeder tageszeit schmeckt/ schmecken muss
- dass es nichts besseres gibt, als sich an seinen mueckenstichen zu kratzen
- sauberkeit am eigenem koerper zu schaetzen (ich sag nur 100% luftfeuchtigkeit)
- dass es unmoeglich sein kann, fuss- und fingernaegel sauber zu halten.
- mit leguanen das fruehstueck zu teilen
- auf ae, oe und ue zu verzichten
- mit wenig geld auszukommen
- die warnungen des reisefuehrers getrost in den wind zu schlagen
- rochenbisse zu behandeln
- ohne handy auszukommen
- sich auf ausgemachte treffpunkte verlassen zu koennen/ muessen
- die eigene buchhaltung zu fuehren
- dass es haie in suess- und krokodile in salzwasser gibt
- dass krokodile keinen laerm moegen und man ihnen mit einem stoch zwischen die augen stechen muss, zur verteidigung
- mit fast fremden menschen laengere zeit auf engstem raum zu leben
- dass reis mit bohnen zum fruehstueck lecker ist
- dass man mit 24-30 nicht zwangslaeufig erwachsen ist
- dass es ebbe und flut ueberall gibt
- dass man als backpacker taschenmesser und feuerzeug immer dabeihaben muss
- zu teilen
- cornflakes aus tupperbechern zu essen
- ordentlich zu sein (ohne schrank, ohne alles) und aus dem rucksack zu leben
- dass eine tafel schokolade lange reichen kann
- dass der koerper zu unmenschlichen dingen in der lage ist
- dass schwaben einfach anders sind
- klopapier nicht ins klo zu schmeissen
- dass amerikaner witze ueber kanadier und hollaender ueber belgier (und keinesfalls ueber deutsche) machen
- schildkroetennester zu finden, im dunkeln
- was regenzeit und 100 % luftfeuchtigkeit bedeutet
- kokosnuesse mit einer axt aufzumachen
- dass bruecken nicht stabil aussehen muessen, um busse zu tragen
- wie man sich gegenueber schlangen und schlangenbissen verhaelt
- was gringo bedeutet
...ihr seht, das ist eine ganze menge.
zum schluss moechte ich natuerlich auch nochmal danke sagen,
danke erstmal allen, die das hier die ganze zeit gelesen haben,
danke an die, die lebenszeichen aus deutschland gesendet haben.
danke an alle, die das hier zu dem gemacht haben, was es war.
danke an verena, jenny, vivi, anne, annika, natalie und angele. wir hatten die zeit unseres lebens und wir haben diese geteilt.
die erinnerungen werden uns fuer immer bleiben. irgendwann werden wir die einzigen sein, die verstehen koennen, was wir meinen. dann wenn alle anderen die schnauze voll haben von geschichten aus costa rica. denn pura vida muss man erlebt haben, um zu wissen wie es sich anfuehlt. wir sehen uns wieder, ob ihr wollt oder nicht *g* hoffentlich ganz bald!
danke an die menschen aus den projekten, die ich jetzt nicht alle aufzaehlen moechte.
danke an die menschen in costa rica,
danke an ein land, das seinesgleichen sucht.
danke an die menschen aus der ganzen welt, die ich ueberall getroffen habe, denn auch wenn man mit manchen nur fuer ein paar stunden oder tage den weg teilte, sie waren alle teil dieser reise und sie haben gezeigt, dass wir alle gleich sind, alle im gleichen boot sitzen und jedes land soviel und so tolle menschen zu bieten hat.
danke an alle daheimgebliebenen, die das hier unterstuetzt und gefoerdert haben
und wenn ich morgen frueh um 09.00 uhr ortszeit die treppen zum delta airlines flug nr. 245 hochsteige, dann werde ich mich wohl umdrehen und sagen:
gracias costa rica!
gracias para todo y adios!
pura vida!
denn ich habe niemanden von dem ich mich am montag morgen verabschieden und bedanken kann. und diese allgemeine verabschiedung gilt dann einfach allen und allem.
das solls gewesen sein. wir sehen uns in good old germany!
pura vida!
eure jule
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